Der 250ste Artikel auf d-frag.de! Hier ist er, druckfrisch in eurem Feedreader, heute auf die Titelseite des Blogs gesetzt. Natürlich langzeitgereift, eine Textwüste gewohnten Ausmaßes. Erheben wir darauf gemeinsam die Gläser und freuen wir uns, den Vierteltausender erklommen zu haben. Lange Zeit hätte ich das nicht für möglich gehalten. Genießt die Aussicht, denn höher kommen wir erst einmal nicht.
Es folgt ein persönlicher Rückblick auf mehr als zweieinhalb Jahre d-frag.de.
Wann genau Matthias Oborski beschloss, ein Weblog über Spielkultur ins Leben zu rufen, lässt sich rückblickend kaum mehr sagen. Als ich im Juli 2004 ins Boot kam, dank zweier Texte über Beyond Good and Evil und Knights of the Old Republic auf meiner Webseite, waren die Rahmenbedingungen jedenfalls schon abgesteckt. Ich fand sie damals gut und tue das auch heute noch: Ein thematisch auf Videospiele begrenztes Weblog sollte es werden, mit einem Stamm von vier oder fünf Autoren, die dank unterschiedlicher Interessengebiete und beruflicher Laufbahnen Spiele aus verschiedenen, teils ungewohnten Perspektiven beleuchten könnten.
Der Plan ging vor allem im ersten Jahr voll auf. Mo sprach mit Thomas Böcker und stellte fest, dass er nicht Nina Ruge ist. Er schrieb herzerweichend schön über das Leben von Dani Bunten Berry, der Blaue Bonzoid erklärte passend dazu M.U.L.E. für uns Nachgeborene. Ben steht Hamlet näher als Max Payne, kündigte EVE Online und sehnte die Games 2.0 herbei. Kai sprach mit Klaus Peter Gerstenberger, dem damaligen Leiter der USK, ebenso wie mit Boris Schneider-Johne. Bei letzterem Gespräch war ich übrigens Zaungast. Wir hatten (alle drei) unsere Diktiergeräte vergessen und mussten darum jede Kleinigkeit mitschreiben. Boris' Stirnrunzeln beantwortete Mo mit: »Psst, wir sind gar keine richtigen Journalisten…«
Alcyon schaute seinem Mitbewohner bei DSA – Sternenschweif über die Schulter und wollte Tim Schafer einen Schrein bauen. Einen großen! Mit Eichhörnchen! Kai ging ins Museum, ich installierte Guild Wars und wollte mir die PSP nicht kaufen. Und dann war da noch das achtteilige Special über Textadventures (Wenn der Parser zweimal klingelt, Crashkurs, IF-Comp 2005, Man spielt deutsch 1, Man spielt deutsch 2, Gespräch mit Max Kalus, Galatea, Feel the Spiel)! Das Verrückte daran: Die eben verlinkten Artikel haben seit ihrem Erscheinungstag kaum an Aktualität verloren. Man kann das alles heute noch mit genauso viel Spaß lesen wie damals.
Das wurde uns im Frühjahr 2006, zu d-frags einjährigem Geburtstag, auch langsam klar. Der Umstieg auf eine andere Blogsoftware war ebenso fest eingeplant wie ein neues Design. Ein besserer Spamfilter, um nicht irgendwann bei der Mehrzahl alter Artikel die Kommentare schließen zu müssen. Vor allem aber suchten wir nach Möglichkeiten, ältere Beiträge nicht einfach in den Archiven verschwinden zu lassen, sondern sie für Interessierte leichter zugänglich zu machen. Die üblichen Methoden wie Teaserbildchen auf der Startseite oder generierte Linkwüsten unter den Artikeln, die auf Beiträge mit ähnlichen Tags verweisen, habe ich bisher in keinem Weblog sinnvoll funktionieren sehen.
Von Stichwort-Systemen über verschiedene Register für Spiele, Personen und Genres bis hin zur Aufsplittung in einen Magazin- und einen Blogteil wurde für d-frag einiges versucht, vieles verworfen und nichts Realität. Was weniger an den Fähigkeiten der beteiligten Personen lag als vielmehr daran, dass uns die beteiligten Personen allmählich ausgingen. Dieses Weblog ist ein Hobbyprojekt. Wenn jemand nach mehr als einem Jahr Mitarbeit das Gefühl hat, nicht mehr viel beitragen zu können, gesagt zu haben, was er sagen wollte, und sich sein Interesse anderen Dingen zuwendet, dann kann ich ihm keinen Vorwurf machen, sondern bin dankbar für die vielen wunderbaren Texte, die er uns hinterlassen hat.
Entscheidend ist nur, ob man es schafft, die Lücken im Team wieder zu schließen, und das gelang uns nicht. Der Großteil der Beiträge des letzten Jahres stammt von mir, und ich spiele überwiegend am PC. Wir haben niemanden, der sich für Mario, Zelda und Metroid wirklich interessieren würde. Wir haben niemanden, der eine Xbox 360 oder eine PS3 sein Eigen nennen würde. Es fehlen die unterschiedlichen Blickwinkel, die vielen Facetten, die d-frag von Beginn an ausmachten. Nur vereinzelt blitzt, was wir eigentlich wollten, in den Artikeln noch durch.
Und dann muss man sich, trotz all des Spaßes, den wir hatten, trotz der anregenden Diskussionen, die wir miteinander geführt haben, irgendwann fragen, ob es sinnvoll ist, weiterhin viel Zeit in ein Projekt zu stecken, das, so befürchte ich, den selbstgesetzten Maßstäben lange schon nicht mehr gerecht werden kann. Oder ob man nicht die Koffer packen und von Bord gehen sollte.
Meine Koffer sind gepackt. Danke für die schöne Zeit.
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