»Sie haben Post!« Gestern zu später Stunde sandte mir ein Leser unseres gestrigen Beitrags die Kopie eines Briefes, den er als Reaktion auf Dr. Richters Stellungnahme an die Frontal21-Redaktion geschickt hat. Ich hätte sowas längst aufgegeben. Die betreffende Sendung ist drei Jahre alt und es haben etliche Rückmeldungen die Frontal21-Redaktion erreicht, ohne irgendeinen Effekt zu erzielen. Wie überhaupt einen weiteren Brief formulieren, um eine Chance zu haben, zu erreichen, was den bisherigen Unmutsbekundungen samt und sonders nicht gelungen ist: öffentlich-rechtliche Betonköpfe zum Denken zu bewegen? Trotzdem hat mir der Brief gestern vor Augen geführt, dass ich mit einem einfachen Artikel auf d-frag genauso nichts gekonnt habe. Dass man trotz allem nicht ermüden darf und fortwährende Missstände weiter aufzeigen muss. Mit ein bisschen Glück ist unser gemeinsames Hobby dann vielleicht schon in fünfzehn statt zwanzig Jahren gesellschaftlich so weit anerkannt, dass man vernünftig und sachlich darüber reden kann, was im Jugendschutz sinnvoll ist und was nicht.
Es folgt der Brief an Frontal21.
Guten Tag Herr Dr. Richter,
sehr geehrte Damen und Herren der Frontal21-Redaktion,
zunächst möchte ich ein Lob aussprechen: Ich finde es sehr gut, dass die Redaktion auf ein Youtube-Video eingeht – trotz des digitalen Zeitalters alles andere als selbstverständlich.
Leider erschöpft sich hier meine Möglichkeit zu loben und ich möchte Ihnen meine Enttäuschung vermitteln. Bisher habe ich Magazine wie Frontal21 als sehr nützlich zur Bildung meiner Meinung empfunden. Als informierter Bürger möchte ich zur Meinungsbildung verlässliche, gut recherchierte Informationen. Diese erwarte ich insbesondere bei traditionellen Tages-/Wochenzeitungen und im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Ich finde, dass gerade hier der Mehrwert gegenüber den aktuelleren Informationen aus dem Internet liegt; Journalisten mit seriöser Ausbildung haben die Möglichkeit durch diesen Zeitversatz Recherche zu betreiben und fundiertere Informationen anzubieten.
Jetzt muss ich leider sehr enttäuscht feststellen, dass diese Ansicht – zumindest was Magazine wie Frontal21 angeht – nicht ohne weiteres gerechtfertigt ist. Im Sektor Computerspiele kenne ich mich aus und muss feststellen, dass die Berichterstattung in ihrem Magazin hier sensationsheischend und handwerklich fehlerhaft ist, und schlicht auf Redakteure hinweist, die sich mit der Materie nicht ausreichend beschäftigt haben. Ob die Fehler nun vielleicht sogar bewußt in Kauf genommen wurden, um mit populistischer Stimmungsmache mehr Quote zu machen, als es mit einem objektiven, alle Seiten beleuchtenden Hintergrundbericht möglich gewesen wäre, vermag ich nicht zu beurteilen. Aber selbst die Möglichkeit, dass genau dieses getan wird, hinterläßt zumindest ein beunruhigendes Gefühl.
Zudem führt es dazu, dass ich mich frage, ob diese Art auch bei Berichten über andere Bereiche Usus ist, in denen ich mich selbst nicht so gut auskenne und verkürzte oder sachlich falsche Darstellungen nicht so leicht erkennen kann. Wie am Anfang des YouTube-Videos zitiert: Die öffentlich-rechtlichen Programmgrundsätze verpflichten zu "wahrheitsgetreuer und sachlicher Berichterstattung".
Schade ist das insbesondere, weil Sie in einigen Dingen unbestritten Recht haben, z.B. dass diese Spiele nicht in die Hände von Kindern gehören. Leider machen sie sich dieses Anliegen durch ihre an der Problematik vorbeigehenden Behauptungen völlig zunichte. Wer z.B. behauptet, dass es in Hitman darum gehe, Behinderte (oder behindertenähnliche Darstellungen, in meinen Augen eine bewußt unscharfe Formulierung von Ihnen) zu töten, hat das Spiel schlichtweg nicht oder nur oberflächlich betrachtet.
Mein Vertrauen in diese Programmgrundsätze ist erschüttert und muss erst wieder neu gewonnen werden. Das mag Sie bei einem einzelnen Zuschauer nicht weiter stören, aber ich halte es dennoch für wichtig, dies an Sie zu kommunizieren. Denn ansonsten wird es nur darauf hinauslaufen, dass Menschen wie ich sich auch von ARD und ZDF abwenden, so wie ich dies bereits von den Privaten getan habe.
Daher meine Aufforderung: Bitte berichten Sie in Zukunft sachlich, ruhig und zutreffend über gewalthaltige Computerspiele. Ein Anfang wäre z.B. schon einmal, nicht Termini zu verwenden, die man eher in Boulevardmedien vermuten würde, wie z.B. "Killerspiele".
Mit freundlichen Grüßen
C. Hombach
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