Wieder einmal sind Dämonen über eine unschuldige Welt hergefallen. Wieder einmal kamen sie durch ein gerade offen in der Gegend herumstehendes Höllentor. Und wieder einmal bedarf es eines mutigen Helden, um sie zurückzuschlagen. Der Held heißt dieses Mal Targon, die Welt Aris und der mit Cosma Shiva Hagens Stimme sprechende Mauszeiger hört auf den Namen Luna. Legend – The Hand of God scheint direkt einem Fantasywelten-Generator entsprungen.
Gekauft habe ich es noch vor dem Erscheinen von The Witcher, Mask of the Betrayer und Hellgate: London. Aus purer Lust auf ein Action-Rollenspiel. »So schlimm kann es nicht sein«, habe ich mir gedacht. War es auch nicht. Am ersten Abend hatte ich immerhin gute drei Stunden Spaß damit. Danach rührte ich das Spiel mehrere Tage nicht an, irgendwann erschienen die drei oben genannten Spiele und ich habe Legend völlig vergessen, bis ich jetzt beim Aufräumen darauf gestoßen bin. Die Motivation, die Klonwelt Aris weiter zu erforschen, fehlt mir allerdings.
Dabei macht Legend gar nicht so dramatisch viel falsch. Das Spielprinzip ist ebenso wie das Interface handwerklich solide aus den altbekannten Klassikern zusammengeklaut. Die Bedienung geht gut von der Hand, die Grafik ist hübsch, die Musik gefällt mir und auch die Soundeffekte sind gelungen – insbesondere das Geräusch, wenn mein riesiger, selbst mit zwei Händen kaum zu haltender Hammer mit dem Kiefer eines Gegners krachend Bekanntschaft schließt. Gut, das Kampfsystem ist sicher eine Spur zu simpel ausgefallen. Man kann sich seinen Helden nicht selbst zusammenbauen, denn Targon ist für alle da. Und auf einen Multiplayermodus muss man ebenso verzichten.
Das Hauptproblem des Spiels ist aber, dass es so wenig Eigenes mitbringt. Erwähnenswert sind nur die Lichtelfe Luna und das sogenannte »Cinematic Combat System«. Letzteres bedeutet vor allem, dass Kampfanimationen nicht immer gleich aussehen, sondern entsprechend der Gegner, gegen die man kämpft, variieren. Dass Targon einen drei Meter großen Troll anders bearbeitet als einen Goblin-Schamanen, ist zwar hübsch anzusehen, aber spielerisch nicht relevant. Wenn man sich wenigstens entscheiden könnte, ob man dem Troll auf den Fuß haut oder lieber weiter oben ansetzt. Das hätte das ansonsten recht abwechslungsarme Kampfsystem doch deutlich aufgefrischt.
Bleibt Luna, die auf der Packungsrückseite folgendermaßen beworben wird: »Die Lichtelfe ist ihr Begleiter und Mentor sowie ein dynamisches Beleuchtungssystem.« Beeindruckend, wie trocken man eine hervorragende Idee umschreiben kann. Die Elfe ist euer Mauszeiger und spendet Licht in dunklen Stunden. Gerade in Dungeons finde ich es ausgesprochen stimmungsvoll, mit dem Mauszeiger meinem Helden den Weg weisen und dunkle Ecken ausleuchten zu können. Luna erklärt im Tutorial die Spielfunktionen und quatscht auch sonst ziemlich viel mit Targon. Scherzt mit ihm, macht ihm Komplimente, gibt Ausrüstungstipps. Schade nur, dass sich manche Bemerkungen, speziell hinsichtlich der Ausrüstung, schnell zu wiederholen scheinen. Mit Cosma Shiva Hagen, der Stimme hinter der Elfe, wurde ich auch nicht richtig warm. Schön ist zwar, dass Targons Sprecher und sie offenbar die kompletten Dialoge kannten, denn auffällige, am Wortsinn vorbeigehende Fehlbetonungen, wie wir sie in anderen Spiele oft erleben, gibt es in Legend praktisch nicht. Aber die penetrant überkorrekte Aussprache und betonte Kindlichkeit in Frau Hagens Stimme gingen mir schnell auf den Senkel. Die Dame ist sechsundzwanzig Jahre alt und klingt, als wäre sie zwölf.
Ob ich Legend noch weiter oder gar bis zum Ende spielen werden? Ich bezweifle es. Die Alternativen sind diesen Winter einfach zu reizvoll. Trotzdem habe ich deshalb beinahe ein schlechtes Gewissen. Das Spiel ist technisch sauber ausgeführt und enthält so wenige Bugs, dass sich die Konkurrenz ein Beispiel nehmen sollte. Und man muss ihm zugestehen: Es hat Charme. Im Vergleich zu Restricted Area, dem vorhergehenden Spiel von Master Creating, ist es ein großer Sprung nach vorne. So wünscht man Legend schon deshalb zumindest einen Achtungserfolg, weil man in ein paar Jahren das Nachfolgespiel sehen möchte. Dann hoffentlich mit etwas mehr Mut zur Eigenständigkeit, zu den eigenen Ideen. Das würde es vor Legends Hauptproblem dann möglicherweise bewahren: schön, aber im Grunde belanglos zu sein.
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