Ja, es war ganz nett. Schön anzusehen. Tricktechnisch beeindruckend erzählte Geschichte um Liebe und Freundschaft, wie immer bei Pixar. Mitgerissen wie einige ihrer früheren Meisterwerke hat mich Ratatouille allerdings nicht. Das mag auch an dem etwas penetranten Subtext gelegen haben, der vordergründig zwar auf das Kochen abzielt, den man aber genauso gut auf Kinofilme oder Videospiele beziehen kann. Auf Content generell.
Rémy ist die Hauptfigur des Films. Eine Ratte, aber auch ein Künstler. Jemand, der gerne Neues erschafft, Einzigartiges, Wertvolles. Seine Gegenspieler sind Skinner, der zwar auch kreiert, aber lediglich mit Blick auf den Massenmarkt, um sich eine goldene Nase zu verdienen, und Anton Ego, ein berühmter Kritiker. Kalt und fies. Diese Besetzung allein spricht schon Bände.
In den Nebenrollen findet sich unter anderem Rémys komplette Familie, die ganz rattentypisch keine Probleme damit hat, ihr Essen zusammenzustehlen, sei es auch minderwertiger Qualität.
Django: It's not stealing if no one wants it.
Remy: If no one want's it, then why are we stealing it?
Django, in Anlehnung an D. Reinhardt benannter Vater Rémys, steht auf dem Standpunkt, dass Stehlen schon in Ordnung geht, wenn niemand das gestohlene Zeug vermisst, wenn niemandem ein Schaden entsteht. Rémy ist da anderer Ansicht und – von vorneherein absehbar – bringt die Klauerei die Rattengang dann auch in Teufels Küche. Wortwörtlich. Voilà, wenn man eins und eins zusammenzählt, ist Ratatouille der erste Animationsfilm, der den Anti-Piraterie-Werbespot quasi in die Haupthandlung integriert.
Würde Ratatouille statt in der Welt des Kochens in der Welt der Videospiele spielen, wäre Skinner wahrscheinlich EA. Deren Sportspiele verhalten sich zu richtigen Meisterwerken in etwa so wie Skinners Tiefkühlkost zu dem Fünf-Sterne-Restaurant, in dem er arbeitet. Famos. Auch, dass besagtes Restaurant unter Skinners Leitung vor allem davon lebt, bewährte Rezepte seines Vorgängers immer wieder nachzukochen.
Bemerkenswerter ist da schon Anton Ego.
Ambrister Minion: Gusteau's, sir. It's come back. It's popular.
Anton Ego: I haven't reviewed Gusteau's in years!
Ambrister Minion: I know, sir.
Anton Ego: If I remember, I left it condemned to the tourist trade.
Ambrister Minion: Yes sir, I...
Anton Ego: That was my last word... THE last word.
Ambrister Minion: I know, sir.
Anton Ego: Then tell me, Ambrister... how can it be POPULAR?
Der Mann – im Englischen gesprochen von Peter O'Toole – ist eiskalt und genießt seine Machtposition über die ihm ausgelieferten Köche geradezu. Von Beginn an ein herrlicher Antagonist, der wegen seiner Entwicklung, seiner fast vollständigen Wandlung im Laufe des Films, seiner Bekehrung durch ein einfaches Gericht aus Rémys Pfoten absolut einer der spannenderen Charaktere des Filmes ist. Seine abschließende Kritik gehört denn auch zu den schönsten Texten in Ratatouille:
In many ways, the work of a critic is easy. We risk very little yet enjoy a position over those who offer up their work and their selves to our judgment. We thrive on negative criticism, which is fun to write and to read. But the bitter truth we critics must face is that, in the grand scheme of things, the average piece of junk is more meaningful than our criticism designating it so.
Schon diese Worte würde ich gerne einrahmen und so manchem Redakteur und Feuilletonschreiberling dieser Republik über seinen Schreibtisch hängen. Das Folgende dann auch gerne dick unterstrichen:
But there are times when a critic truly risks something, and that is in the discovery and defense of the new. The world is often unkind to new talents — new creations. The new needs friends.
So viel Wahrheit in so wenigen Sätzen. In einer Szene, die den Rest des Films überstrahlt. Beeindruckend.
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