Mein Leben ist ziemlich beschissen.
Ich wohne in einem kleinen Ort am Meer, abgeschnitten von der Welt. Für mein Haus musste ich mich hoch verschulden. Und als ich den Kredit endlich abbezahlt hatte, schwatzte mir ein Verkäufer ein noch größeres Haus auf. Ich sitze auf einem Schuldenberg und arbeite nur für die Raten meines Hauses.
Doch selbst wenn das Geld, das ich verdiene, in meine eigene Tasche flösse, litte ich unter der Arbeit, denn jeder Job in diesem Ort ist eine geistlose Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (Fische und Insekten fangen, Muscheln sammeln, Rüben pflanzen). Jeder hier im Dorf muss sich so beschäftigen und wir laufen alle mit Angeln und Netzen durch die Gegend.
Da ist es wohl kein Wunder, dass meine Nachbarn schon debil sind. Sie schreiben mir kleine Briefe, die mir, ehrlich gesagt, Angst machen: »Ich schreib dir vor dem Essen... Ich verhungere... Ich aß 20 Pfund Zitronenkuchen! LECKER! Bin traurig. Berry« Was soll man von jemandem halten, der solche Briefe schreibt?
In meiner Familie steht es allerdings nicht besser. Auch meine Mutter belästigt mich regelmäßig mit Briefen dieser Art. Obwohl ich ihr niemals antworte, schreibt sie mir jeden Tag einen Brief, in dem sie mir ihre merkwürdigsten Alltäglichkeiten schildert (»Frische Laken sind etwas Wunderbares. Ich schreibe im Bett, obwohl es schon Mittag ist. Ich bin bei dir. Mama«).
Nicht, dass ich hier mehr erlebe ... ich laufe herum, grabe nach Fossilien, gieße meine Rübe, schüttel Bäume. Meinen naiven Mitbürgern gehe ich lieber aus dem Weg. Wenn sie mich von weitem sehen, begrüßen sie mich mit obszönen Phrasen, die ich ihnen beigebracht habe. Wenn ich aber einfach mal meine Ruhe haben will und mich zurückziehe, droht mir anschließend ein cholerischer Maulwurf mit Prügeln.
Animal Crossing Wild World ist der nintendorisierte Albtraum vom Alltag. Warum tue ich mir das jeden Tag an?
Um zu verstehen, was an Animal Crossing Wild World fasziniert, habe ich eine Expertin, Annika (5), befragt.
Kai: Annika, darf ich dir ein paar Fragen zu dem kleinen Spiel stellen?
Annika: Wenn du was mit dem Spiel besprechen willst, dann spielen wir es doch lieber!
Kai: Ja, ok, später ... Worum geht es da eigentlich? Gibt es ein Ziel?
Annika: Weiß ich nicht. Weißt du, was das Ziel ist?
Kai: Nein. Aber warum spielst du das denn so gerne?
Annika: Weil ich mich daran gewöhnt habe.
Kai: Gewöhnt? Wie meinst du das?
Annika: Weil ich das so schön finde. Als ich zum ersten Mal gespielt habe, da habe ich das so schön gefunden, und dann habe ich mich daran gewöhnt.
Kai: Was ist denn schön daran?
Annika: Was man da alles machen kann!
Kai: Und was machst du am liebsten?
Annika: Stellen finden, wo man was ausgraben kann.
Kai: Gibt es etwas, das die Figur nicht kann, aber was sie können sollte?
Annika: Tanzen. Sie sollte auch Ballett machen. Aber sie kann sich schon drehen. Sonst fällt mir nichts ein.
Kai: Was magst du denn gar nicht an dem Spiel?
Annika: Die Bienen. Die stechen, und das mag ich nicht.
Kai: Wie findest du den Maulwurf?
Annika: Blöd! Weil ich dann lieber endlich spielen möchte, und weil der so blöd schimpft.
Kai: Wenn jemand sagt "Das Spiel ist doch gar nicht schön!" - was würdest du dem antworten?
Annika: Das ist doch gut! Wenn er es nicht glaubt, dann sage ich es noch deutlicher und ich sage es dann Mama und Papa!
Kai: Danke für das Gespräch!
Annika: Ja, wenn du noch was wissen willst, kannst du mich ja einfach fragen.
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