Menschen, die eine Schwäche für elektronische Gadgets (ob nun iPods, Digitalkameras, GBAs oder was auch immer) haben und noch dazu begeisterte Computerspieler sind, haben es derzeit nicht leicht in Europa. Sonys schwarze Versuchung, für solche Leute auf der Liste harter Drogen auf einem der vorderen Plätze, gibt es seit dem 1. September auch bei uns. Was also tun? Man kann versuchen, einen Blick auf die derzeit verfügbaren Spiele zu werfen und verächtlich von einem völlig überteuerten Briefbeschwerer zu reden. Man kann versuchen, die PSP einfach zu ignorieren. In Einzelfällen mag das durchaus gelingen. Aber nicht lange. Schon gar nicht bei mir.
Februar 2005 — Tokio, Akihabara. Ich stehe in einem Geschäft, dass offenbar ausschließlich PlayStations in allen denkbaren Varianten samt dazugehörigen Spielen anbietet, und probiere eine der ausgestellten PSPs aus. Leider laufen auf sämtlichen PSPs in dem Laden Golfsimulationen, mit deren Bedienung ich dank kompletter Unkenntnis der japanischen Sprache deutliche Schwierigkeiten habe. Ich drücke eine Weile wahllos auf verschiedenen Knöpfen herum und entschwinde dann, um mir im Laden nebenan die beeindruckende Auswahl an Digitalkameras anzuschauen. Ausschließlich Sony-Kameras, klar.
März 2005 — Zurück nach Deutschland. Die elf Stunden Flug mit Final Fantasy Tactics Advance, mit dem bordeigenen Fernsehprogramm und viel Schlaf ganz gut überbrückt. Daheim Unverständnis bei meinen Verwandten, weil ich mit einer alten Familientradition gebrochen habe: Ausgerechnet der Technikfreak der Familie bringt von seinem ersten Japan-Besuch keine einzige technische Errungenschaft mit! Der Hinweis darauf, dass ich mir immerhin ein halbes Jahr zuvor aus Amerika ’nen iPod mini mitgebracht habe, wird nicht akzeptiert.
Juni 2005 — Auch andere Leute reisen nach Japan oder Amerika. Andere Leute kaufen dort PSPs. Mein Game Boy ist momentan zusammen mit FFTA bei meiner Schwester. Sie fragt, ob sie ihn haben kann, wenn ich mir den Nachfolger kaufe. Wohlgemerkt, sie sagt nicht »falls«. Sondern »wenn«.
August 2005 — Games Convention. Sony setzt voll auf die PSP. Auf der Messe gibt es die Möglichkeit, ausführlich auch vernünftige Spiele auf der kleinen Konsole auszuprobieren. Und Golfsimulationen, versteht sich.
Die gesamte Stadt ist zugekleistert mit Need-for-Speed-Plakaten einerseits, PSP-Plakaten andererseits. Den Wettkampf um die größte Werbefläche gewinnt Sony mit einem Transparent, das die halbe Fassade des örtlichen Kaufhofs bedeckt. Christo hätte seine Freude dran. Gleichzeitig meint alles, was sich für ein Spielefachgeschäft hält oder zumindest in irgendeiner Weise Computerspiele in seinem Sortiment beherbergt, darauf aufmerksam machen zu müssen, dass man sein »persönliches Exemplar« der PSP bereits vorbestellen könne. Ich halte das für wenig mehr als einen geschickten Marketingschachzug, ich Ahnungsloser.
Den Game Boy habe ich inzwischen zurückbekommen und vor dem Schlafengehen als Bettlektüre einige Male Monster und gegnerische Clans in FFTA verkloppt. Macht riesig Spaß. Immer noch.
1. September 2005 — Vorbestellt habe ich zwar nichts, aber irgendetwas treibt mich doch zum Saturn. Einfach mal schauen. Währenddessen innere Dialoge der folgenden Art geführt: »Für Zugfahrten ist das Teil doch wirklich ideal.« – »Du fährst alle fünf Wochen mal mit dem ICE. Für den Weg zur Arbeit brauchst du nur fünf Minuten. Zu Fuß!« – »Aber WipeOut Pure sieht schon toll aus. Hat Spaß gemacht, auf der Games Convention.« – »Spaß macht FFTA auch. Das hast du immer noch nicht ganz durchgespielt. Und es kostet dich keine 300 Kröten.«
Gerade der letzte Punkt zieht. Aber noch gibt sich der Spielefreak in mir nicht geschlagen. Am Abend stundenlang im Internet Kritiken gelesen, zur PSP, zu WipeOut Pure, zu Lumines.
2. September 2005 — Spielefreak hat gewonnen. Ich marschiere zu EBgames. Der Mann an der Kasse findet es tierisch lustig, dass ich vorhabe, eine PSP zu kaufen. Wo ich doch nichts vorbestellt habe. Nachschub sei in ein bis zwei Wochen zu erwarten, sagt er. Und dann begänne das gleiche Spiel, also lieber schon mal ein Exemplar vorbestellen. Ich dagegen finde es eher lustig, dass Sony zwar in der Lage ist, eine riesige Werbekampagne für die PSP zu starten, gleichzeitig aber trotz der immensen Verzögerung des Europastarts der Taschenkonsole die Nachfrage nicht annähernd decken kann. Ich bestell das Ding also vor.
Schon am gleichen Abend ein Anruf. Der Typ von der Kasse. Sagt, sie seien gerade die Liste der Vorbesteller durchgegangen, ob ich meine PSP denn noch abholen möchte. Klar, sag ich. Im gleichen Moment fällt dem Typen auf, dass meine Bestellung keineswegs Wochen alt ist, sondern vom selben Vormittag stammt: »Oh, tut mir leid, ihre PSP ist noch gar nicht da.« Das Gerät, von dem er noch Sekunden vorher sprach, hat sich offenbar gerade dematerialisiert. Sind halt empfindlich, die Teile. »Na wenigstens wissen wir jetzt, dass ihre Telefonnummer stimmt.«
5. September 2005 — Die Webseite von EBgames spricht von Neulieferung in frühestens drei Wochen. Ich beschließe, mich lieber anderweitig umzusehen. Mein Weg führt mich unter anderem in das Haus mit dem riesigen PSP-Transparent. Nette Angestellte dort:
»Die PlayStation Portable haben Sie nicht mehr vorrätig, oder?« – »Ich fürchte nein, die waren großteils vorbestellt.« – Argh. »Und die Schachtel dort drüben in der Vitrine?« Die einzig verbliebene Schachtel weit und breit. Die Hoffnung stirbt zuletzt. – »Die ist leer. Nur Deko.« – Bei EBgames stand auch ein kleiner Turm solcher Schachteln. Der Mann wird schon Recht haben. Ach, was soll’s, denke ich, jetzt kommt's auch nicht mehr drauf an: »Sind Sie sicher?«
Blöde Frage. Aber er macht tatsächlich die Vitrine auf, holt die Schachtel heraus und öffnet sie. Staunt und bringt Kabel, Köpfhörer, Schutzhülle, ein Handbuch zum Vorschein. Und eine PSP. Meine PSP!
P.S.: Den GBA kriegt meine Schwester natürlich trotzdem nicht. Erstens ist die PlayStation Portable nicht der Nachfolger des Game Boy und zweitens geb ich mein FFTA nicht her.
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